Am Samstagmorgen, früh um 8 Uhr, traffen wir uns zur Abfahrt. Es waren sehr niedrige Temperaturen vorhergesagt, dementsprechend hatten sich alle darauf vorbereitet. Ich bin in ganzer Skimontur angetreten. Es war eine relativ kleine Gruppe; nur 25 anstatt der anvisierten 50 Teilnehmer und der Bus wurde kurzerhand durch ein Autokonvoi ersetzt. Nach längerer Odisee und einigen rutschigen Manövern auf den schneebedeckten Strassen kammen wir im Pfadfinderlager an. Hier, in einem riesigen Areal von 40 Hektar, standen verschiedene Hütten mit Kapazitäten von etwa 30 Betten pro Hütte. Sehr rustikal, aber gemütlich, mit kleiner Küche, einem Ofen und einer Feuerstelle. Zuerst gings raus in die Kälte ‘Quincys’ bauen. Das sind Hügel aus Schnee, die dann mit Schaufel und Eispickel ausgehölt werden. Der Unterschied zum Iglu besteht darin, dass hier keine Schneeblöcke verwendet werden und Quincys eher klein sind. Uns wurde versichert, dass es in einem Quincy bei einer Aussentemperatur von -30 Grad eine Innentemperatur von 4 Grad erreicht werden kann. Dafür reicht die Körperwärme und die Energie von zwei Teelichtern aus. Und – es ist Wind geschützt! Der Atem steigt auf und gefriert dann sofort wieder an der Decke. Dies härtet das Quincy und angeblich kann man am nächsten Morgen daurauf herumhüpfen ohne dass es einbricht. Das wäre für die Meisten schon der ganze Spass gewesen, denn es war bitterkalt. Die Zehen fühlten sich wie Eisblöcke an, auch wenn der Rest des Körpers warm blieb.

Nach einem kurzen Snack und ein Wenig aufwärmen in der Hütte gings raus zu 4 Runden ‘Capture The Flag’. Die eigene ‘Flagge’ muss aus dem Territorium des Gegners ergattert und in das eigene Feld getragen werden. Wer erwischt wird muss ins Gefängnis und auf Rettung warten. Klingt wie einfaches Spiel, doch wenn man es in hüfttiefen Schnee spielt, wird es SEHR anstrengend. Man kann teilweise eher von im Schnee schwimmen sprechen, denn voran kommt man so überhaupt nicht. Und ist die Flagge erst einmal ergattert beginnt eine wilde Keilerei im Schnee bei dem die gegnerische Seite eindeutig das Nachsehen hat, denn man kann sich einfach wie ein Stein an Jemanden festklammern und er hat keine Möglichkeit davonzukommen. Nach jeder Runde musste erstmal 10 Minuten verschnauft werden, denn dieses Spiel beanspruchte alle Muskeln gleichermassen. Schliesslich waren aber auch hier meine Zehen festgefroren und ich war froh wieder in der warmen Hütte zu sein und in angenehmere Kleider zu schlüpfen.

Wir waren eine gemischte Gruppe, viele Austauschstudenten, davon 4 aus Australien, ein Iraner, eine Russin und eine Österreicherin. Ausserdem waren es überproportional viele Mädchen, die sich auf dieses kalte Wochenende eingelassen hatten. (wow!). Zu Abend wurden dann verschiedene Gesellschaftspiele gespielt, Gitarre gespielt und gesungen. Ausserdem wurde es zeitweilig sehr laut und wild, was denjenigen, die lieber ohne Alk blieben, doch sehr befremdlich aufstiess ;-) . So gegen zwei Uhr war dann aber wirklich Bettruhe.

Am Sonntagmorgen haben wir dann noch in einer kleinen Gruppe eine Schneeschuhwanderung gemacht. ‘Bush wacking’, also querfeldein sind wir marschiert und schon nach einer Stunde waren wir komplett im Wald verloren. Aber unser Leiter Sas führte uns munter immer tiefer in den Wald hinein. Es schneite leicht und es war etwa 10 Grad wärmer als noch am Vortag. Zwischendurch stiessen wir auf ein paar Hütten, die Mitten im Nirgendwo zu stehen schienen, aber anscheinend Teil eines ‘Trails’ waren. Sas erzählte uns verschiedene Erlebnisse und gab uns eine Menge Tipps, wie man auch zu dieser Jahreszeit warm campen kann (zusätzliche Fettdiat vor Abfahrt z. B.). Für mich wirklich überraschend war, wie einfach wir mit dem Kompass (und ohne Karte) wieder zu unserer Hütte zurückfanden. Davor marschierten wir noch einmal um einen zugefrorenenen See herum. Dabei habe ich gelernt, dass man sich immer Abseits der Mitte UND Abseits des unmittelbaren Ufers bewegen soll, um nicht einzubrechen. Die Schneedecke alleine war schon mindestens 1 Meter tief, deswegen sah man nichts vom gefrorenen Eis. Die Schneeschuhe verteilen das Gewicht gleichmässig über eine größere Fläche und man sinkt nicht so tief ein. Nur so kann man solche eine Schneewanderung überhaupt in Angriff nehmen, normalerweise sackt man viel zu tief im Schnee ein. Wohlbehalten erreichten wir nach 4 Stunden Wanderung wieder unsere Hütte und es ging müde und schlapp wieder zurück nach Montreal.

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Posted by markus. Datum: January 19, 2009 | No Comments »

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